AKW – Moratorium: Verantwortungsvolle Politik oder Taktik?
In den vergangenen Wochen wurde viel darüber diskutiert, ob das dreimonatige Atomkraftmoratorium der Kanzlerin Ausdruck verantwortungsvoller Politik ist oder Taktik im Hinblick auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz. Ich sage: Beides!
Einerseits ist es richtig, nach einem derart schlimmen Ereignis innezuhalten und eigene Positionen zu überdenken. Auch ich nehme mir die Zeit. Ein einfaches „weiter-so“, ohne sich Gedanken über die Bedrohungslage nach Fukushima zu machen, wäre unverantwortlich. Ob aber mit diesem Unglück schon alle Argumente, die früher für die Kernenergie ins Feld geführt wurden, Null und nichtig sind – das ist schon die Frage!
Ich meine aber, dass man ein derartiges Moratorium, wenn man es schon verkündet, auch durchhalten muss. Das richtet sich nicht gegen die Bundeskanzlerin, sondern insbesondere an zahlreiche CSU-Politiker. Ich staune immer wieder, wenn diejenigen, die vor Wochenfrist mit Leidenschaft die Restlaufzeitverlängerung für Kernkraftwerke verteidigt haben, nun beim Tempo des Atomausstiegs auch noch die Grünen überholen wollen. Das ist für mich wenig glaubwürdig. Da muss ich nun tatsächlich den Kollegen Erwin Huber loben, was ja nicht so oft vorkommt: Er stellt sich nicht auf den Marktplatz und redet dem Atomausstieg in der gleichen Lautstärke in das Wort wie früher der Kernenergienutzung. Ich meine, man kann und darf seine Meinung in dieser Frage ändern. Vor allzu lautem Geschrei sollte man sich aber in Acht nehmen.
Das Innehalten ist verantwortlich. Aber es war auch taktisch motiviert. Und das ist mehr als nur eine Vermutung. Warum hat man von heute auf morgen acht Atomkraftwerke abgeschalten? Das ist doch logisch nicht begründbar! Das war reine Effekthascherei. Es gibt in Deutschland keine andere Sicherheitslage als vor drei Monaten. Wenn also im Januar der Betrieb dieser Kraftwerke verantwortbar war, warum ist das jetzt anders? Wenn als Ergebnis der Diskussionen über die Zukunft der Kernkraftwerke herauskommt, dass die Regierung die Sicherheitsanforderungen verschärft und die acht jetzt stillgelegten Meiler diesen Anforderungen nicht mehr entsprechen, muss man reagieren und die Nachrüstung oder Abschaltung beschließen. Aber jetzt? Auf welcher rationalen Grundlage fußt diese Entscheidung? Nach meiner Meinung ist das Abschalten Aktionismus. Und deshalb fällt mein Urteil über die Reaktion der Kanzlerin gespalten aus.