Autor Leo Hiemer und Landtagsabgeordneter Bernhard Pohl im Dialog mit Schülern der Beethovenschule
PRESSEMITTEILUNG vom 20.11.2024
Gabis Schicksal ein Symbol für gelebte Menschenfeindlichkeit
Über einen besonderen Unterrichtsvormittag konnten sich die Schüler der Beethovenschule im Rahmen der Vorlesewoche freuen: Der international renommierte Filmemacher und Buchautor Leo Hiemer und der Kaufbeurer Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl (Freie Wähler) waren gekommen, um aus Leo Hiemers Buch „Geliebte Gabi“ vorzulesen und über das Schicksal des jungen Mädchens zu sprechen, das ein paar schöne Jugendjahre im Allgäu verbracht hatte, ehe es nach Auschwitz deportiert und von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Leo Hiemer hatte den Stoff für dieses Buch intensiv recherchiert und zunächst verfilmt, ehe er das Schicksal auch in Buchform veröffentlichte.
Die detailgenaue Schilderung des grausamen Transports nach Auschwitz hinterließ den erwartbaren Eindruck der Betroffenheit bei der Schulklasse. Bernhard Pohl, der den ersten Part übernommen hatte, schlug gleich den Bogen in die Gegenwart. Seine Botschaft: „Seid wachsam und sensibel bei jeder Form der Menschenfeindlichkeit. Wer das Gebot des Grundgesetzes, die Würde des Menschen zu achten, verinnerlicht, der wird niemals empfänglich für die Botschaft von Menschenfeinden. Niemand muss die Lebensweise und die Ansichten anderer gut finden. Dennoch hat jeder einzelne von uns Achtung und Respekt verdient, einfach deshalb, weil er ein Mensch ist. Das gilt für die Helden des Alltags genauso wie für Verbrecher. Der Praxistest ist, auch den mit Respekt zu behandeln, der einem total gegen den Strich geht. Das könnt ihr auch in eurer Schulklasse testen!“ Appellierte Pohl an seine jungen Zuhörer.
In einem Experiment las Leo Hiemer Texte, die bislang noch gar nicht veröffentlicht wurden. Sie erzählen vom Alltag der kleinen Gabi bei ihren Pflegeeltern, aber auch vom Zugtransport in das Vernichtungslager. Hiemer erzählte, wie er auf das Thema gekommen ist. Das kleine Mädchen wuchs in Stiefenhofen auf. Dort ist Hiemers Mutter geboren. Obwohl noch Zeitzeugen leben, die sich an Gabi erinnern, war deren Schicksal ein absolutes Tabu. Niemand wollte damit konfrontiert werden. Somit gestaltete sich die Spurensuche nach dem Schicksal der kleinen Gabriele Sarah Schwarz außerordentlich schwierig.
Leo Hiemer hat den Massenmorden der Nazis ein Gesicht gegeben. Gabi steht für Millionen unschuldiger Opfer, die von Geburt an keine Chance hatten. Sie musste sterben, weil sie eine jüdische Mutter hatte. Dabei spielte gar keine Rolle, dass sich die kleine Gabi taufen ließ und so der katholischen Kirche angehörte.
Die Schüler nahmen die Gelegenheit wahr, Leo Hiemer ganz genau auszufragen. Ob er entspannt sei beim Schreiben wollten sie wissen, und wie es ihm gehe, wenn er seinen Stoff zu Papier gebracht habe. Anstrengend sei es, manchmal sehr, allerdings nach getaner Arbeit gebe es ein Gefühl der Zufriedenheit und Entspannung.
Warum er denn erst den Film gedreht und dann geschrieben habe, wurde gefragt. Hiemer lachte und meinte, erst wenn die Arbeit getan ist, trete die Entspannung ein. Vorher sei das Schreiben mitunter harte Arbeit.
Mit großem Beifall verabschiedeten Ulrike Landgraf, die als Klassenleiterin den Besuch organisiert hatte, Leo Hiemer und Bernhard Pohl nach einem interessanten, kurzweiligen und dennoch nachdenklich stimmenden Vormittag.