Plenarrede von Bernhard Pohl

 In Aktuelles, Aktuelles - Aus dem Landtag

Plenarrede von Bernhard Pohl:

Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrte Frau Staatsministerin, wir haben es im Ausschuss schon getan und werden es hier wieder tun: Wir danken Ihnen und Herrn Staatssekretär Hintersberger für Ihre engagierte Arbeit. Sie haben ein schweres Jahr hinter sich. Ihr Ministerium ist sicher das schwierigste Ministerium. Das wird von uns ausdrücklich anerkannt. Ich danke auch meinen beiden Kollegen im Sozialausschuss, Dr. Hans Jürgen Fahn und Gabi Schmidt, die ebenfalls sehr engagiert waren und deren Arbeit sehr zeit- und kraftraubend war. Die Aufgaben waren entsprechend groß. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass Sozialpolitik in diesem Haus anders als in anderen Parlamenten weniger ideologisch betrieben wird, sondern so, wie es eigentlich sein muss, nämlich als Hilfe für wirklich Bedürftige in der Gesellschaft. Es werden praktische Lösungen gefunden, Probleme werden effektiv gemeistert, und der Zusammenhalt in der Gesellschaft wird gestärkt. Wir FREIE WÄHLER sehen insbesondere die Menschen vor Ort, die kommunalen Mandatsträger, aber auch die Ehrenamtlichen in der Pflicht und in der Verantwortung. Deswegen ist ein besonderer Schwerpunkt unserer Arbeit – Kollege Hans Jürgen Fahn wird nicht müde, das immer und immer wieder einzufordern – die Stärkung des Ehrenamts und die Unterstützung der Ehrenamtlichen. Eine ganz besondere Herausforderung haben wir derzeit bei den Flüchtlingen zu bewältigen. Lieber Kollege Fackler, über die Frage einer Obergrenze brauchen wir hier nicht zu diskutieren. Sie soll dort geklärt werden, wo sie geklärt werden kann und wo Sie auch politische Verantwortung tragen. Wir im Bayerischen Landtag und in den Kommunen müssen uns mit den Konsequenzen und Folgen beschäftigen. Es ist nun einmal Fakt, dass die Menschen da sind. Sie haben einen Anspruch darauf – das gebietet schon die Menschenwürde –, dass wir uns anständig um sie kümmern. Dafür wird vonseiten des Ministeriums hervorragend gearbeitet, anders, als man es häufig an Stammtischen von Ihrer Seite hört. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben in der letzten Woche sehr ausführlich – das war nicht Ihre Schuld – über ein Gesetz zur Einführung einer Leitkultur gesprochen. Integrationsgesetz wird dieses Gesetz genannt. Machen Sie es, wie Sie es meinen. Die Wertevermittlung – darum geht es doch – können Sie nicht durch ein Gesetz festlegen, sie muss vor Ort in den Kommunen, begleitet von unseren Signalen, durch die Lehrer, die Bildungsträger usw., erfolgen. Da haben wir praktische Aufgaben, und die sind wichtiger, als nächtelang über Begrifflichkeiten zu streiten. In diesem Zusammenhang haben wir einen besonderen Schwerpunkt gesetzt. Wir wollten die Bezirke im Umfang von 150 Millionen Euro von den Kosten für unbegleitete Volljährige entlasten. Immerhin ist dank des Engagements der FREIEN WÄHLER, aber auch dank des Drucks der Bezirke etwas in Bewegung gekommen. In letzter Sekundewird wenigstens ein Drittel der Kosten erstattet. Aus unserer Sicht ist das zwar zu wenig, immerhin ist es aber ein erster Schritt. Herr Kollege Fackler, Sie haben gesagt, die Bezirke sollten die Bezirksumlage senken. Das ist richtig. In Schwaben, woher wir beide kommen, haben die FREIEN WÄHLER einen Antrag auf Senkung der Bezirksumlage gestellt. Sie wollten 1 % weniger. Die CSU hat den Antrag leider abgelehnt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwei wichtige Punkte bleiben mir noch. Der eine ist die Barrierefreiheit. Hier geht es ganz besonders um Menschen, die benachteiligt sind, die in der Tat unsere Hilfe brauchen. Für sie haben wir nicht im Einzelplan 10, sondern in den Einzelplänen 03 A, 03 B und 13 die Schwerpunkte gesetzt. Dabei geht es um Mobilität, um barrierefreie Bahnhöfe und um den Zugang in öffentlichen Gebäuden. Lassen Sie mich als allerletztes noch einen Gedanken sagen, nachdem Sie, Frau Staatsministerin, und ich dem Stiftungsrat des Sudetendeutschen Museums angehören. Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Ich freue mich, dass wir dieses Projekt endlich auf den Weg gebracht haben. Das Sudetendeutsche Museum wird zusammen mit den Regionalmuseen, dem Egerland-Museum und dem Isergebirgs-Museum einen wichtigen Beitrag für die Geschichte dieser Volksgruppe, die Bayern so vorangebracht hat, leisten.

Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Staatsminister Söder, Sie haben mich heute Vormittag nahezu in weihnachtliche Verzückung versetzt, als Sie sagten, man müsse den Bürgermeistern zuhören, und  Bayern stärken heiße die Regionen stärken und nicht die Landeshauptstadt. Das sind ganz neue Töne aus der CSU. Das gab es vor zehn Jahren noch nicht. (Zurufe von der CSU: Oh!) Ja, es ist sehr interessant, dass jetzt insbesondere diejenigen laut rufen, die diesem Hause damals noch nicht angehörten. Ich kann Ihnen nur sagen, dass vor zehn Jahren die offizielle Doktrin des damaligen Bayerischen Ministerpräsidenten hieß: München ist Champions League, Oberbayern ist Bundesliga und der Rest von Bayern ist Bayernliga. Dagegen ist das, was Sie heute Vormittag gesagt haben, schon ein wohltuender Kontrast. Ich sage, Sie haben von den FREIEN WÄHLERN gelernt; denn die FREIEN WÄHLER haben das schon damals als falsch bezeichnet. Wir haben schon damals sehr deutlich gesagt, dass Bayern nur über die Regionen entwickelt werden kann, dass es nur dann noch stärker werden kann, wenn wir die Kräfte aller Landesteile bündeln. Wir FREIEN WÄHLER meinen – und deswegen ist dieser Haushalt für uns der wichtigste Haushaltsteil –, dass Politik nur vor Ort gelingen kann: in den Kommunen, bei den Menschen, bei den Ehrenamtlichen, in den Vereinen und Initiativen, aber nicht fernab in Brüssel, in Berlin, in München. Wir müssen den Rahmen vorgeben, aber wir müssen auch ganz viel Vertrauen in die Akteure vor Ort haben, die Akteure, die das umsetzen sollen, was wir hier beschließen. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN) Aber dazu braucht man natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, einen stabilen Finanzrahmen. Dazu sind heute Vormittag zwei Bemerkungen gefallen, die ich schon noch einmal kurz beleuchten möchte, weil ich sie so nicht stehen lassen kann. Zum einen wird immer und immer wieder behauptet, bei Oppositionsanträgen fehle die Gegenfinanzierung. Bei der Fraktion der GRÜNEN hat der Herr Staatsminister das eingeschränkt, aber an die FREIEN WÄHLER und insbesondere an die SPD ging der Vorwurf, wir würden, wenn wir den Haushalt verantwortlich aufstellen müssten, über unsere Verhältnisse leben. (Zuruf von der SPD: Das ging hauptsächlich an euch!) Das ist in zweierlei Hinsicht klar zu widerlegen, liebe Kolleginnen und Kollegen; denn wir haben bei den 3,2 Milliarden Euro, die wir in diesem Doppelhaushalt mehr ausgeben wollen, einen ganz klaren Schwerpunkt auf die Kommunen gelegt, mit über 2 Milliarden Euro. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN) Dieses Geld, liebe Kolleginnen und Kollegen, käme den kommunalen Haushalten unmittelbar zugute.
Wenn man die Verschuldung eines Landes anschaut, dann muss man die kommunalen Schulden und die Landesschulden zusammenrechnen. Wir sitzen in einem Boot. Wenn es um die Verteilung von Schlüsselzuweisungen geht, ist der Freistaat Bayern der Treuhänder für die Kommunen. Die Kommunen sind nicht etwa das kleine Kind, das unter dem Weihnachtsbaum eine schöne Bescherung erlebt, lieber Kollege Bachhuber, nein, sie haben einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch. Der Freistaat hat dafür zu sorgen, dass die Kommunen finanziell ordentlich und gut ausgestattet sind. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was heißt das? – Schauen wir uns den großen Bereich Zuwanderung und Migration an, eine sicherlich große, wenn nicht gar die größte Herausforderung, vor der wir in den nächsten Jahren stehen. Ich habe es heute Vormittag schon gesagt: Sie können natürlich über Obergrenzen und über illegale Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und Ähnliches diskutieren, aber das wird nicht hier entschieden. Vielmehr müssen wir uns vor Ort darum kümmern, dass sich die Menschen hier gut und sinnvoll entwickeln, sich integrieren, Bestandteil dieser Gesellschaft werden. Wir reden aber noch von Geld, Herr Staatsminister. Da haben Sie den Vorwurf bekommen, Ihre Steuerversprechungen in einem Umfang von 100 Milliarden, Kollege Güller, seien mit heißer Nadel gestrickt; so habe ich es zumindest verstanden. Was ich an diesen Steuerversprechungen in der Tat zu kritisieren habe: Herr Staatsminister, Sie sind doch eigentlich ein Mann der Tat und nicht der Worte. In diesen Fragen kommen Sie mir vor wie ein Wanderprediger, der durch die Lande zieht und ständig seine Forderungen vor sich herträgt, die wir alle teilen und alle vernünftig finden. (Zuruf des Abgeordneten Peter Winter (CSU)) Aber nachdem die CSU Teil der Bundesregierung ist, sollten Sie jetzt endlich einmal liefern. Sie sind seit 2005 an der Regierung, also im zwölften Jahr. Es wäre durchaus angemessen – wenn man sagt: die sieben dürren Jahre sind vorbei, wir haben jetzt schon fünf fette Jahre –, dass Sie irgendwann einmal liefern. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN) In einem Punkt bin ich aber bei Ihnen: Ich kann nicht nachvollziehen, dass man immer behauptet, Steuersenkungen seien ausschließlich oder logischerweise Einnahmeverminderungen für den Staat. Das ist so nicht richtig. (Zuruf von der SPD: Hat auch keiner gesagt!) Sinnvolle Steuerreduzierungen können sogar zu Mehreinnahmen führen. (Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD)) Deswegen kann man nicht ohne Weiteres sagen: Wer Steuern senkt, verkürzt die Spielräume des Handelns. Wir sind der Meinung, dass sinnvolle Steuersenkungen, gerechte Steuersenkungen – ich nenne hier insbesondere den Abbau der kalten Progression, aber auch eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags – Wachstumskräfte entfachen und dazu führen können, dass wir zumindest nicht weniger Steuereinnahmen haben werden, liebe Kollegen. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Nun aber zurück zu den Kommunen. Wir FREIEN WÄHLER sagen: Wenn wir die Kommunen vor Ort stärken, kann sich der Freistaat Bayern noch besser entwickeln, als er sich derzeit entwickelt. Ich komme noch einmal zurück auf das Thema Integration. Letzte Woche hatten wir eine Marathonsitzung zum Integrationsgesetz. Wir haben uns über Begrifflichkeiten verkopft. Wenn ich draußen bin, fragt mich keiner nach der Definition und der Sinnhaftigkeit einer Leitkultur. Die Menschen wollen, dass diejenigen, die zu uns kommen, sich in diese Gesellschaft integrieren und keine Parallelgesellschaften bilden. Aber wer das macht und wie man das macht, das sind Fragen, denen wir uns zu stellen haben. Das passiert vor Ort, und dafür müssen wir den Kommunen das notwendige Geld in die Hand geben. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN) Liebe Kollegen, wenn wir Migranten in Niederbayern integrieren wollen, dann stellen Sie sich einmal vor, wir hätten vier Integrationskurse: Der eine Integrationskurs wird von Herrn Scheuer geleitet, der andere von Herrn Aiwanger, der dritte von Herrn Pronold und der vierte von Herrn Hallitzky. Wenn Sie die vier Gruppen dann zueinanderführen, glauben Sie, dass sie das Gleiche an Leitkultur und Integration mitbekommen haben? Ich zweifle daran. Ich sage deswegen: Lassen wir das die Profis machen, und halten wir uns als politische Akteure bitte aus diesen Details heraus. Geben wir das Geld denjenigen, die sich auf diese Arbeit, auf die Integrationsarbeit in hervorragendem Maße verstehen. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN) Wir haben eine ganze Reihe von Anträgen gestellt. Ich greife hier den wesentlichen Anteil heraus, die Erhöhung des Kommunalanteils am allgemeinen Steuerverbund. Ich sage Ihnen, das dient natürlich der Bewältigung auch der Integrationsaufgabe, vor allem aber dient es allen Menschen. Wir müssen schon ein wenig aufpassen, dass wir die eine Gruppe nicht gegen die andere Gruppe ausspielen. Integration ist wichtig, aber wir sind für alle Menschen da, für die Benachteiligten genauso wie für die Nichtbenachteiligten. Jeder Bürger hat Anspruch darauf, dass er eine vernünftige, lebenswerte Gesellschaft vorfindet, und diese lebenswerte Gesellschaft wird insbesondere vor Ort in den Kommunen gepflegt. Das ist auch ein Grund dafür, dass wir in Bayern etwas besser dastehen als andere Regionen in der Republik. Wir stehen nicht nur finanziell, sondern auch mit den gesamten Lebensumständen besser da. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben gesagt, die Erhöhung des kommunalen Finanzanteils am allgemeinen Steuerverbund ist unsere Forderung, seit wir dem Bayerischen Landtag angehören. Natürlich sagen Sie, Kollege Bachhuber, dass die Kommunen jedes Jahr einen Einnahmerekord hätten. Das ist schon richtig, das ist aber der allgemeinen Steuerentwicklung geschuldet. Die allgemeine Steuerentwicklung verdanken wir den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmern, denen, die in Deutschland und in Bayern Steuern zahlen. Dass davon die Kommunen auch profitieren, ist nur recht und billig. Es kann und wird auch wieder schlechtere Zeiten geben. Deswegen brauchen wir eine Verstetigung des Kommunalanteils auf einem höheren Niveau. Wir haben im Hinblick darauf, dass die Steuereinnahmen gut sind, unsere Forderung auf mehrere Jahre verteilt. Wir wollen im Jahr 2017 von 12,75 % auf 13,5 % kommen. Im Jahr 2018 wollen wir auf 14,25 % kommen und 2019 die 15 % erreichen. Die GRÜNEN haben auch Initiativen in diesem Sinne ergriffen, wenn sie auch nicht so viel fordern wie wir. Immerhin haben sie auch angedeutet, dass sie mehr Geld für die Kommunen wollen. Die SPD will es sowieso. Das fordert sie seit Jahren. Sie hat unserem Antrag zugestimmt, und ich hoffe, dass auch in die Reihen der Mehrheitsfraktion Bewegung hineinkommt. Wir wissen, dass es dieses merkwürdige Gesetz gibt, wonach man bei Haushaltsanträgen der Opposition nicht zustimmen darf, egal wie sinnvoll oder weniger sinnvoll die Anträge sind. Wahrscheinlich würden Sie sogar noch dagegen stimmen, wenn man dem Ministerpräsidenten Strauß aus Steuermitteln ein Denkmal setzen würde. (Josef Zellmeier (CSU): Stellen Sie halt einen Antrag! – Peter Winter (CSU): Das – Das heißt, wenn wir so einen Antrag stellen würden, würden wir auch bei anderen Themen mit euch ins Geschäft kommen? Darüber wird zu gegebener Zeit zu reden sein, lieber Kollege Winter. Zu unseren weiteren Schwerpunkten im kommunalen Bereich gehört die Barrierefreiheit. Wenn der Ministerpräsident – davor habe ich hohen Respekt – an diesem Rednerpult sagt, Bayern werde 2023 barrierefrei sein, dann ist das ein Versprechen, das eingehalten werden muss, dann aber auch auf allen Ebenen, und damit auch auf kommunalerEbene. Dafür muss man den Kommunen nach dem Gedanken der Konnexität mehr Geld als bisher zur Verfügung stellen. Die Barrierefreiheit öffentlicher Gebäude in kommunaler Hand ist genauso wichtig wie die Barrierefreiheit von Gebäuden in privater Hand. Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich ist auch der kommunale Straßenbau undStraßenunterhalt ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt. Hier haben wir jeweils 97 Millionen Euro mehr vorgesehen. Warum? Der Zustand der kommunalen Straßen wird immer schlechter, und die Verschlechterung dieses Zustandes ist eine schleichende Verschuldung. Wir haben keine doppische Haushaltsführung, aber natürlich darf man nicht nur den Kassenstand sehen. Wir müssen auch die Entwicklung des Staatsvermögens sehen. Schülerbeförderung, Schwimmbäder und Sanierungen der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind weitere Schwerpunkte, die wir gesetzt haben. Die CSU-Fraktion hätte gut daran getan, das eine oder andere zu verwirklichen, und zwar nicht mit Verzögerung, sondern gleich. Das hätte auch ein gewisses Zeichen von Größe bedeutet. Damit will ich mich aber nicht aufhalten. Insgesamt kann man durchaus sagen, dass es den Menschen und den Haushalten im Freistaat Bayern relativ gut geht. Im kommunalen Bereich – der Kollege Knoblauch hat zu Recht darauf hingewiesen – gibt es aber noch deutliche Unterschiede. Wenn alles in Butter wäre, wäre nicht halb Bayern, wie der Kollege Muthmann zu Recht gesagt hat, Raum mit besonderem Handlungsbedarf. Es gibt genügend Handlungsbedarf, packen wir es an! (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es gibt doch Bedarf, einiges von dem Gesagten zu kommentieren und zum Teil richtigzustellen. Ich beginne zunächst mit der Behauptung des ansonsten sehr geschätzten Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Peter Winter, bei dem ich mich auch namens meiner Fraktion ganz herzlich dafür bedanke, dass die Verhandlungen und Beratungen der letzten Wochen in einer guten Atmosphäre verlaufen sind. Lieber Peter Winter, hier wird behauptet, dass wir 3,2 Milliarden Euro mehr fordern und es Bayern in eine Verschuldung treiben würde, wenn dieser Forderung entsprochen würde. Das ist schlicht falsch. Die Haushaltsrechnung der Jahre 2010 bis 2014 weist im Vergleich zum Haushaltsplan kontinuierlich einen Überschuss von 2 bis 3 Milliarden Euro aus. Lassen Sie es mich so erklären: Wenn Unternehmen über viele Jahre weit mehr Gewinne machen, als geplant ist, werden die Arbeitnehmervertreter zu dem Unternehmer kommen und sagen: Wir wollen jetzt für unsere Arbeitnehmer unseren Anteil daran haben. – In diesem Bild sind die Arbeitnehmer die Bürger, und der Arbeitgeber ist der Staatshaushalt. Je nachdem, wie man Haushalte aufstellt, kann man sehr konservativ dafür Sorge tragen, dass zusätzliche Anträge von anderen Fraktionen immer zu negativen Abweichungen vom Haushaltsplan führen, ohne dass das für den Staatshaushalt Konsequenzen hat. Es hat aber schon ganz andere Zeiten gegeben. Ich erinnere an die Verhältnisse im Bund in den Siebziger- und Achtzigerjahren. Damals dienten die meisten Nachtragshaushalte dazu, ungünstige Haushaltsentwicklungen nachzufinanzieren. Ich sage an dieser Stelle noch zur Frage der Gegenfinanzierungen: Haushalte sind Prognosen. Entscheidend ist der Haushaltsvollzug. Entscheidend ist am Ende die Haushaltsrechnung. Dabei bleiben wir mit unseren Anträgen weit unter dem, was in den vergangenen Jahren kontinuierlich an Überschüssen erarbeitet und erwirtschaftet wurde. Herr Finanzminister, ich erinnere an den Nachtragshaushalt 2016: Dessen Volumen war größer als dasjenige der Änderungsanträge unserer Fraktion zu diesem Doppelhaushalt. Ich prognostiziere: Das wird beim Nachtragshaushalt 2018 nicht anders sein. Warten wir es daher ganz einfach ab. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Dann ziehen wir Bilanz und schauen, wer realistisch gerechnet hat und wer nicht. Im Übrigen darf ich schon darauf hinweisen, dass nicht alle Ausgaben konsumtiver Natur sind. Es gibt viele rentierliche Ausgaben, die wiederum höhere Steuereinnahmen und damit höhere Gesamteinnahmen zur Folge haben. Das können Sie natürlich nicht prognostisch in Heller und Pfennig ausrechnen. Deswegen haben sich diese Einnahmeverbesserungen nicht in den Anträgen niedergeschlagen. Ein Letztes noch: Unsere Anträge tauchen bei Ihnen als Nachläufer ein, zwei, drei, vier Jahre später auf. Der Kollege Güller hat völlig zu Recht darauf hingewiesen: Es ist eine Frage des Tempos. Ich sehe, was Sie von unseren Forderungen umgesetzt haben. Daher können wir ein Stück weit stolz sein. Ich sage innere Sicherheit, ich sage Justiz, ich sage Bildung, ich sage Staatsstraßen. Das ist ein deutlich anderes Signal als das Kaputtsparen von Edmund Stoiber vor zehn Jahren. Der Kollege Güller hat hier völlig zu Recht den Artikel 6b genannt. Er ist für mich ein Symbol dafür, wie man es nicht machen sollte. Der jetzige Finanzminister schlägt da einen deutlich anderen, realistischeren Weg ein. Er setzt das um, was wir fordern, wenngleich nicht in dem von uns gewünschten Tempo. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Kollegin Stamm, Sie greifen den Finanzministerund die Bayerische Staatsregierung dafür an, dass sie die Kasse plündern. Ich muss bei allem Respekt sagen, dass das ein Stück weit an der Realität vorbei geht. (Beifall des Abgeordneten Dr. Thomas Goppel (CSU)) Man muss die Staatsregierung dort kritisieren, wo man sie zu kritisieren hat. Jetzt mache ich mal den Vergleich mit anderen Bundesländern, den ich normalerweise ablehne, aber hier muss man das mal bringen. Nach dem Krieg haben alle bei Null angefangen. Irgendwoher muss es kommen, dass Bayern etwas besser dasteht als andere,
meine Damen und Herren. (Beifall bei der CSU)

Es sind noch einige Punkte offen. Ich komme zum Thema Länderfinanzausgleich. Vielleicht traut sich der Herr Staatsminister nachher, das zu sagen. Ich bin gespannt. Da haben wir eine ähnliche Erwartungshaltung gehabt, die in den Verhandlungen leider nicht einmal zur Hälfte erfüllt worden ist. Das Ergebnis bleibt um über 50 % hinter unseren Erwartungen zurück. Wenn hier das Ergebnis herausgekommen wäre, das Sie, Herr Finanzminister, zu Recht prognostiziert haben, dann hätten wir für unsere Bürger erheblich mehr Möglichkeiten, Geld auszugeben und die Verhältnisse in Bayern noch besser zu machen. Wenn ich „Länderfinanzausgleich“ sage, dann muss ich auch das Thema „Verlagerung von Kompetenzen im Bundesfernstraßenbau an den Bund“ ansprechen. Das ist ein Schildbürgerstreich. Es sieht zwar so aus, als ob die zweispurigen und die vierspurigen Bundesstraßen in Bayern bleiben. Aber das wird natürlich mit erhöhten Kosten und erhöhtem Finanzaufwand verbunden sein. Aber vielleicht, Herr Staatsminister, haben Sie dann die geniale Idee, für diese Bundesstraßen in bayerischer Hand eine Regionalmaut für die Norddeutschen zu verlangen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir hatten das Thema „Zweite Stammstrecke“ angesprochen. Dazu müssen wir natürlich etwas sagen. Der Bedarf für eine Verbesserung ist augenfällig, und zwar nicht nur für die Menschen in München und Oberbayern. Das wird manchmal etwas verkürzt dargestellt. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf weitere Gebiete Bayerns. Wir brauchen eine realistische Lösung. Wir brauchen keinen Transrapid 2 und kein München 24, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

An der zweiten Stammstrecke und am Verkehrsausbau hängen natürlich noch andere Dinge. Ich nenne S-Bahn-Außenäste und – als Allgäuer Abgeordneter ist mir das gestattet– den Regionalverkehr in das Allgäu; denn daran hängt der Verkehr in die Schweiz. Daran hängen der Verkehr ins Allgäu und natürlich nach Oberbayern. Das ist exemplarisch. Das betrifft natürlich alle vier Himmelsrichtungen, von München aus betrachtet. Aber ich denke, der Westen ist hier besonders betroffen. Hier stehen noch erhebliche Aufgaben vor uns. Ich komme zu einem sehr unrühmlichen und unerquicklichen Punkt. Wir haben in den letzten Tagen 70 Jahre Bayerische Verfassung gefeiert. Da wäre es für dieses Haus vielleicht nicht schlecht gewesen, sich den Artikel 70 Absatz 2 der Bayerischen Verfassung anzusehen. Dort heißt es: „Auch der Staatshaushalt muss vom Landtag durch formelles Gesetz festgestellt werden“. – Wenn ich dann – da gebrauche ich gern das Wort von der Kollegin Stamm – von der „Verzwergung“ dieser Fraktionsreserve höre, dann muss ich sagen: Das ist ein Stück zum Fremdschämen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN) Wir sind der Haushaltsgesetzgeber und niemand anderer sonst. Im Übrigen stimmt es gar nicht, dass das eure Fraktionsreserve ist. Wir haben fast allen euren Anträgen zugestimmt. Also sind das Anträge, die von der CSU eingebracht, von uns für sinnvoll erachtet und mitgetragen wurden. Deswegen haben wir sie gemeinsam beschlossen. Deswegen können Sie nicht rausgehen und sagen: Das haben wir dem Land als Segnung überbracht, (Thomas Kreuzer (CSU): Sie lehnen den Gesamthaushalt ab, Herr Pohl!) es sei denn, Herr Kollege Kreuzer, Sie sind der Meinung, dass nur die Mehrheitsfraktion und die Regierung die Verantwortung für eine Politik tragen. Ich sehe das ein wenig anders. Das muss man ein wenig differenziert sehen. Politik geht nicht so, dass die einen arbeiten und die anderen motzen, sondern man muss konstruktiv zusammenarbeiten. Das heißt auch, dass wir anerkennen und es mittragen, wenn Sie etwas gut machen. So halten wir das, seit wir hier im Bayerischen Landtag sind. Wir dürfen aber erwarten, dass man sich mit unseren Anträgen konstruktiv auseinandersetzt und ihnen, wenn sie gut sind, gleich zustimmt und nicht wartet, bis man sie selber stellen kann. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Selbstverständlich würden wir einem Haushalt zustimmen, wenn es ein Haushalt des gesamten Hauses wäre. Aber so klein kann man sich nicht machen, wenn man in über 900 Fällen niedergebügelt wird, egal ob es um 20.000 Euro oder um 200 Millionen Euro geht. Dann gebietet es im Grunde genommen die Selbstachtung, dann nicht zu sagen, dass man dem zustimmt, wenn die Mehrheitsfraktion einem ständig die rote Karte zeigt. Sie müssten hier etwas konzilianter sein und sagen: Wir erkennen dieses und jenes als sinnvoll, erachten es aber momentan als noch nicht in vollem Umfang umsetzbar. Man könnte zum Beispiel beim kommunalen Finanzausgleich Kompromisse schließen und sagen: Das Ziel von 15 % von der Verbundmasse, das die FREIEN WÄHLER seit Jahren fordern und das auch SPD und GRÜNE haben wollen, ist gut und richtig, ihr wollt jetzt auf 13,5 %, das ist uns jetzt noch zu viel, wir müssten langsamer vorangehen. – So könnte man Kompromisse schließen. Dann könnte man Haushalte verabschieden, die von größeren Mehrheiten getragen werden. Aber solange das so läuft, ist das ein frommer Wunsch und tatsächlich Träumerei. Wir hoffen allerdings, dass dieser Traum mal Realität wird; denn die Menschen draußen erwarten konstruktive Politik zum Wohle des Freistaats Bayern. Herr Kollege Winter, jetzt sind Sie da. Lassen Sie mich bitte zum Abschluss noch eine kleine Bemerkung machen, weil Sie das so nett geschildert haben, (Peter Winter (CSU): Ich bin nett! – Heiterkeit bei der CSU) wie Politiker der Opposition Sie aus dem Bild drängen, wenn Bänder durchgeschnitten werden. Ich stelle mir das gerade zwischen Hans Jürgen Fahn und Ihnen bildlich vor. (Zuruf des Abgeordneten Peter Winter (CSU)) Ich werde das, was Sie sagen, aufgreifen, Kollege Winter, und werde die Journalisten beim nächsten Banddurchschneiden bitten, dass sie den Kollegen Pschierer neben mir angemessen ins Bild setzen. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Unruhe bei der CSU) Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wir stimmen sicher darin überein, dass unsere Finanzbeamten in Bayern hervorragende Arbeit leisten und dass für sie ein Stellenaufwuchs angebracht und gerechtfertigt wäre. Stimmen Sie mit mir auch darin überein, dass es bei der Steuererhebung und beim Steuervollzug einen Grenznutzen gibt? Es ist nicht so, dass man immer mehr Prüfer einstellen muss, um immer mehr Steuereinnahmen zu erlangen. Es wird immer ein wenig der Eindruck verbreitet, dass ein Gutteil der Bürger des Freistaates Steuern verkürzen würde. Ich glaube, das ist nicht ihre Intention. Ich hoffe es nicht. Jedenfalls ist das nicht die Realität in Bayern. Noch ein Punkt, der die Steuereinnahmen und Steuerprüfer betrifft: Ich meine schon, dass wir unserer bayerischen Steuerverwaltung insgesamt ein gutes Zeugnis ausstellen und nicht von einem ungeordneten Steuervollzug sprechen können.

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