Der Mensch hat Vorrang vor dem Wolf!
PRESSEMITTEILUNG vom 16.09.2024
Ortstermin Wolf/Große Beutegreifer in Wald
Mitte Juli diesen Jahres wurde die Bayerische Wolfsverordnung vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aufgrund eines Formfehlers für unwirksam erklärt. Bemängelt wurde hierbei, dass die Wolfsverordnung erlassen wurde, ohne den Bund Naturschutz zu beteiligen. Diese Verbändeanhörung wird aktuell in Vorbereitung der neuen Wolfsverordnung durchgeführt, die Umweltminister Thorsten Glauber zu Folge inhaltlich unverändert bleiben soll. Der für das Ostallgäu zuständige Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl traf sich zu diesem Thema am vergangenen Montag mit der Wolfsbeauftragten des Alpwirtschaftlichen Vereins Allgäu e.V., Barbara Oswald, dem Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes im Ostallgäu, Andreas Schmid, und Dr. Leopold Herz, MdL a.D., zu einem Ortstermin auf dem Waldhof Allgäu, um aktuelle Entwicklungen und möglichen Nachbesserungsbedarf im Umgang mit dem Wolf gemeinsam mit Fachleuten zu eruieren.
Barbara Oswald, selbst Weidetierhalterin, sieht in Bezug auf die Entwicklung der Wolfspopulation in Deutschland große Schwierigkeiten auf Weidetierhalter zukommen. Besonders Tiere auf der Alp seien nur schwer durch Herdenschutzmaßnahmen zu sichern. Hier würden Weidetiere durch jagende Wölfe mitunter regelrecht in den Tod gehetzt was nicht nur für die Tiere selbst sondern auch für Betroffene Landwirte und deren Familien keine tragbaren Zustände darstellt. Auch wenn im Ostallgäu aktuell keine Wolfsrudel angesiedelt seien, sei die Region durch durchziehende Jungtiere geprägt, die ihre Rudel verlassen haben. Besonders das Monitoring mutmaßlicher Wolfsrisse ist Frau Oswald dabei ein Dorn im Auge. Wolfsrisse würden demnach immer wieder falsch klassifiziert, da bei der später durchgeführten DNA-Untersuchung des gerissenen Tieres oft fälschlicherweise Tiere als Verursacher des Risses identifiziert würden, die zu einem späteren Zeitpunkt im Kontakt mit dem toten Tier standen. Neben dem aktuellen Stand des Monitorings kritisierte Frau Oswald, dass nur ein Labor in Deutschland Wolfsrisse untersucht, eine Monopolstellung, die immer wieder in Bezug auf Wolfsrisse kritisiert wird. Im Allgemeinen fordert die Wolfsbeauftragte einen pragmatischeren Umgang mit dem Wolf und eine pragmatischere Herangehensweise an das Streitthema der möglichen Entnahme von Wölfen.
„In Märchen war der Wolf früher etwas Gefährliches, heute wird er eher als Kuscheltier dargestellt. Dieser verharmlosende Umgang mit dem Wolf zeigt sich leider auch in manchen Teilen der Gesellschaft sowie der Politik. Der Wolf hat kaum natürliche Feinde, was dazu führt, dass sich der Bestand an Wölfen ungefähr alle drei Jahre verdoppelt. Es ist alternativlos, dass hier eine Lösung gefunden werden muss, die zu einer Regulierung dieses unkontrollierten Wachstums und auch der Gesamtzahl der Wölfe in Deutschland und Bayern führt. Grundsätzlich geht der Wolf zwar keine Menschen an, je größer die Zahl der Wölfe ist, desto höher ist jedoch auch die Gefahr möglicher Zwischenfälle. Letztendlich muss also der Grundsatz gelten: Der Mensch hat Vorrang vor dem Wolf!“, so der Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl.
Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes im Ostallgäu, Andreas Schmid, kritisiert dabei vor allem die Einstellung der Politik, insbesondere auf europäischer Ebene, gegenüber des Wolfes als Bedrohung von Weidentieren. Der Wolf lerne schnell, Weideschutzmaßnahmen zu umgehen, unabhängig ob Zäune oder Weideschutzhunde. Durch den nachlässigen Umgang mit der Bedrohung durch Wölfe haben diese gelernt, dass sie keine Konsequenzen durch den Menschen zu befürchten haben. Schmid zu Folge sollte das Ziel sein, den Wolfsbestand auf ein in besiedelten Gebieten tragbares Niveau zu regulieren. Als Beispiel brachte er hierzu Schweden an. Das flächenmäßig größere Land als Deutschland reguliere die Wolfspopulation seit Jahren auf 300 Tiere. Dem gegenüber stehen in Deutschland schätzungsweise mehr als 3000 Wölfe.
Pohl dazu: „Eine Absenkung des Schutzstatus des Wolfes ist für mich alternativlos. Der Wolf ist schon lange nicht mehr vom Aussterben bedroht. Ganz im Gegenteil, der unkontrollierte Zuwachs der Wolfspopulation führt mehr und mehr zu einer drastischen Beeinträchtigung der Lebensgrundlage von Weidetierhaltern, die essenzieller Bestandteil unserer Grundversorgung sind. Der günstige Erhaltungszustand, der nach Forderungen des Bundes nur für ein Teilgebiet im Nordwesten Deutschlands gelten soll, muss dringend auf die gesamte Fläche der Bundesrepublik erweitert werden.“
Dr. Leopold Herz, dessen Viehbestand bereits Opfer eines Wolfsrisses wurde, beschrieb während des Ortstermins Szenarien, die durch eine ausufernde Wolfspopulation entstehen. Die Unmöglichkeit der optimalen Absicherung gegen Wölfe für Alpweiden und Ställe führe dazu, dass immer mehr Weidentierhalter bereit seien ihr Geschäft aufzugeben. Neben dem wirtschaftlichen Schaden beeinträchtige dabei vor allem das Leid der Tiere diese Entscheidung. Dr. Herz stellt dabei vor allem eine Forderung: Wer Weidehaltung statt Stallhaltung möchte, muss auch dafür sorgen, dass Weidetierhaltung möglich ist. Er kritisierte dabei unter Zustimmung der Anwesenden, den großen Einfluss der Verbände wie dem Bund Naturschutz, die geeignete Rechtsprechung zur Verhinderung von Wolfsangriffen immer wieder blockieren würden.
„Der Bund Naturschutz hat im Falle der Wolfsverordnung von seinem Verbandsklagerecht Gebrauch gemacht. Zudem hat er angekündigt, auch gegen die neue Wolfsverordnung vorgehen zu wollen. Der Lösungsansatz, mehr Herdenschutzmaßnahmen zu fördern, anstatt die Wolfspopulation zu regulieren, ist jedoch lediglich die Bekämpfung von Symptomen. Wichtiger wäre es das Problem bei der Wurzel zu packen. Wer sich für den Schutz des Wolfes einsetzt, sollte bedenken welchen Schaden eine unregulierte Wolfspopulation bei Weidetieren anrichtet“, bekräftigt Pohl die Argumente des Kreisobmanns.
Gemeinsam formulierten die Beteiligten Ziele, die seitens der Politik zeitnah in Angriff genommen werden sollen. Eine neue Wolfsverordnung müsse bis im Frühjahr 2025 stehen. Zeitgleich sollen deutliche Fortschritte bei der Verbesserung des Monitorings von mutmaßlichen Wolfsrissen absehbar sein. Die Thematik der Absenkung des Schutzstatus des Wolfes liege zwar in der Zuständigkeit der EU, dennoch versprach Bernhard Pohl gemeinsam mit seinen Parteikollegen, allen voran dem Bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber, Druck auf die Zuständigen auszuüben, um hier einen zufriedenstellenden Kompromiss zu finden.
„Ich danke Frau Oswald, Herrn Schmid und Herrn Dr. Herz für das ausführliche Gespräch zur Wolfsproblematik. Oft werden auf Bundes- und Europaebene die Stimmen von Betroffenen und Fachleuten unzureichend gehört, was zur Folge hat, dass die Rechtsprechung zu Dingen wie der Wolfsverordnung realitätsfern diskutiert werden. Ich habe hier heute nicht nur weiteres Detailwissen über die Situation der Weidetierhalter im Allgäu mitnehmen können, sondern auch einen klaren Auftrag. Es muss ein Kompromiss gefunden werden, der Weidetierhaltern die Sicherheit ihrer Tiere und ihrer Familien gewährleistet. Dafür werde ich mich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Bayerischen Landtag weiterhin einsetzen“, schließt Pohl.